Derzeit mobilisieren Unternehmensverbände und Handelskammern für die Freihandelsabkommen TTIP und CETA. Sie zielen dabei vor allem auf Kleinunternehmen ab und argumentieren mit fragwürdigem Material. attac hat wesentliche Fakten zusammengestellt, die wir hier zitieren.
TTIP: KONZERNE PROFITIEREN, DER MITTELSTAND FÄLLT HINTEN RUNTER
TTIP-Befürworter preisen vielfach die positiven Auswirkungen von TTIP & Co auf die Marktchancen kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMU). In der Regel wird dies mit Einzelbeispielen oder kleineren Umfragen unter exportorientierten Unternehmen illustriert. Darin klagen Geschäftsleute über die massiven Zusatzkosten, die ihnen bei Exporten in die USA durch die unterschiedlichen technischen Standards und Auflagen entstünden – die die TTIP-Befürworter versprechen, abzubauen.
Attac hat diese Versprechen einer kritischen Prüfung unterzogen und festgestellt: Von TTIP würden vor allem große Konzerne profitieren (PDF: vollständige Auswertung). Für die allermeisten kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland würde es mehr Risiken als Chancen mit sich bringen. Vielen Mittelständlern ist dies auch bewusst …
– trotzdem beziehen etliche Handelskammern und Unternehmensverbände sehr undifferenziert pro TTIP Stellung. Bisher haben nur wenige ihrer Mitglieder protestiert.
Hier einige Fakten:
Wachstumsprognosen überzogen und unseriös
- Bis März 2015 behaupteten EU-Kommission etc., dass TTIP erhebliche Wachstums- und Einkommensgewinne sowie hunderttausende Arbeitsplätze in der EU bringen würde. Doch die behaupteten Wachstumszahlen werden sogar von jenen Studien, die die EU-Kommission selbst in Auftrag gegeben hatte, nicht bestätigt. Inzwischen haben EU-Kommission und BDI ihre überzogenen und falsch dargestellten Prognosen zurückgezogen.
- Damit ist das wichtigste Argument für TTIP – auch in Bezug auf KMU – in sich zusammengebrochen. Denn wenn kein nennenswertes gesamtwirtschaftliches Wachstum durch TTIP generiert wird, kann es nur Umschichtungen innerhalb der Wirtschaft geben, also Gewinner und Verlierer. Und es ist, wie die folgenden Punkte zeigen werden, damit zu rechnen, dass die Mehrheit der KMU zu den Verlierern gehören wird.
Nur geringe Zahl von KMU exportiert
- Weltmarktexporte haben für KMU – anders als für Großunternehmen – nur eine geringe Bedeutung: Nur sieben Prozent der KMU in Deutschland tauchen als Exporteure in der Außenhandelsstatistik auf. Auch im Handel mit den USA spielen sie eine geringe Rolle. Der Anteil deutscher KMU an den Exporten in die USA liegt bei lediglich 15 Prozent.
- Auf die 150.000 europäischen KMU, die in die USA exportieren, entfallen zudem nur 28 Prozent des gesamten EU-Exports in die USA. Der Löwenanteil (72 Prozent) des europäischen Exportgeschäfts mit den USA liegt bei gerade mal 19.000 Großunternehmen.
Effektivitätsgewinne für KMU sind überzeichnet
- TTIP-Befürworter verweisen gerne auf vermeintliche Effektivitätsgewinne durch harmonisierte Standards. Dabei würde es auch mit TTIP in den USA keine einheitlich geregelte Übernahme von Normen geben, diese sind oftmals Sache des betreffenden Bundesstaats oder sogar Counties.
- Es ist zweifelhaft, ob die versprochenen Harmonisierungen überhaupt gelingen. In mehreren Themenbereichen haben die Verhandler bereits unüberbrückbare Unterschiede konstatiert. Trotz jahrzehntelanger intensiver Harmonisierung sind sogar innerhalb der EU etwa Steckerformen immer noch national verschieden. Mit dem zweifelhaften Versprechen gemeinsamer internationaler Produktionsstandards transportiert TTIP jedoch zahlreiche weitere, in vielerlei Hinsicht problematische Vereinbarungen.
Handelsabkommen nutzen vor allem großen Konzernen
- Abgesenkte Qualitätsstandards könnten dazu führen, dass transnationale Konzerne KMU mit einer Niedrigpreisstrategie vom Markt verdrängen. Denn KMU sind in der Mehrheit stark spezialisierte Anbieter von Produkten hoher Qualität mit großer Innovationskraft. Ordnungspolitische Maßnahmen zum Schutz dieser Anbieter würden aber gegen TTIP verstoßen.
- Auch der Investorenschutz (ISDS) benachteiligt KMU: Allein die durchschnittlichen Verfahrenskosten von acht Millionen Euro pro Schiedsverfahren können die wenigsten KMU aufbringen. Hier würde ein Zweiklassenrecht auch für Unternehmen eingeführt. Kein Wunder, dass sich der Bundesverband mittelständische Wirtschaft gegen Schiedsgerichte in den TTIP- und CETA-Abkommen ausspricht.
Kritik wird von Erfahrungen mit anderen Handelsabkommen belegt
- Untersuchungen über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Nordamerikanischen Freihandelszone stellen für Kanada und USA nur geringe, für Mexiko sogar negative Wachstumseffekte fest.
- Zudem haben sich die negativen und positiven Folgen des Abkommens sehr unterschiedlich verteilt: In Kanada etwa verdoppelte sich die Wirtschaftskraft der größten börsennotierten Konzerne, während die ArbeitnehmerInnen, KMU und besonders die kleinteilige Landwirtschaft zu leiden hatten. Wichtige gesamtwirtschaftliche Indikatoren haben sich deutlich verringert.