Ceta ohne Parlamente?

Wie wir bereits im Februar berichteten, könnte das geplante Handelsabkommen mit Kanada ohne Ratifizierung durch die nationalen Parlamente durchgeboxt werden. Das berichtete Zeit-Online am Freitag (siehe unten stehenden Beitrag). Auch andere vermeldeten die Geschichte, beispielsweise Greenpeace und die Süddeutsche Zeitung.

 

EU könnte Ceta ohne Parlamente verabschieden

Die Europäische Kommission plant Berichten zufolge, die nationalen Parlamente nicht über das Freihandelsabkommen mit Kanada abstimmen zu lassen. Italien findet das gut.

Das bereits ausgehandelte Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit Kanada (Ceta) könnte laut Berichten von Insidern und Medien noch einmal zu Streit führen. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet, will EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström das Abkommen gegen den Willen von Mitgliedstaaten wie Deutschland als reines EU-Abkommen einstufen. Anders als bei einem gemischten Abkommen wären in diesem Fall die nationalen Parlamente nicht berechtigt, es demokratisch abzusegnen – Bundestag und Bundesrat hätten somit kein Mitspracherecht.

Einem EU-Vertreter zufolge will die EU-Kommission ihre Entscheidung voraussichtlich Anfang Juli bekanntgeben. Eine Sprecherin der EU-Kommission wollte den Bericht am Freitag nicht kommentieren. Sie bestätigte aber, dass der Kommissionsvorschlag zur Einstufung des Abkommens in Kürze veröffentlicht werde.

Wie ein italienischer Diplomat mitteilte, hat sich Italien auf die Seite der EU-Kommission geschlagen. Der Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Carlos Calenda, habe der EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström in einem Brief seine Unterstützung in der Sache zugesagt. Calenda teile die Meinung, dass es sich bei Ceta nicht um ein gemischtes Abkommen handele. Italien wünsche sich einen schnellen Abschluss des Abkommens mit Kanada.

In Brüssel fürchtet die EU-Kommission schon länger, dass die nationalen Parlamente die Weiterentwicklung der europäischen Handelspolitik lahmlegen könnten, indem sie ihre Zustimmung verweigern. Um der kritischen Öffentlichkeit in Deutschland das Gefühl zu geben, gehört zu werden, hält die deutsche Regierung eine Einbeziehung von Bundestag und Bundesrat aber für unverzichtbar.

Kommt es zur Konfrontation zwischen Brüssel und Staaten wie Deutschland, könnte sich der Abschluss des Abkommens in die Länge ziehen. Die EU-Staaten könnten festlegen, dass sie der Meinung der Kommission nicht folgen. Das ginge allerdings nur einstimmig. Sie könnten auch die Verabschiedung des Abkommens auf unbestimmte Zeit blockieren.

Eigentlich sollte der bereits ausverhandelte Vertrag mit Kanada im Oktober unterzeichnet werden. Ceta gilt wie TTIP mit den USA als umstritten. Kritiker glauben, dass wegen der zahlreichen Firmensitze von US-Unternehmen in Kanada Ceta eine Art TTIP durch die Hintertür werden könnte. Ob TTIP als gemischtes Abkommen gewertet wird und damit die Zustimmung der nationalen Parlamente nötig wäre, ist noch nicht entschieden.