An diesem Samstag (9. Juli) widersetzt sich das Konstanzer Bündnis mit einem Flashmob gegen die geplante sofortige Inkraftsetzung des EU-Kanada-Abkommens CETA. Und sucht noch MitstreiterInnen!
Derzeit sieht es nicht so aus, als kämen die Verhandlungen über TTIP, dem geplanten Freihandelsabkommen mit den USA, schnell zu einem Abschluss. Wie die Greenpeace-Leaks zeigten, sind beide Seiten, die EU-Kommission und das US-Handelsministerium, noch weit voneinander entfernt. Und viel Zeit bleibt nicht: Im November ist Präsidentschaftswahl in den USA; danach sind die Karten neu gemischt. Sollte Donald Trump gewinnen, ist der Freihandel vorerst erledigt. Siegt Hillary Clinton, muss sie erst einmal etwas Zeit verstreichen lassen, bis die Zusagen vergessen sind, die sie den UnterstützterInnen ihres Vorwahl-Konkurrenten Bernie Sanders noch machen wird. Sanders lehnt TTIP und das transpazifische Abkommen TTP rundweg ab.
Das geheim verhandelte Comprehensive Economic Trade Agreement (CETA) mit Kanada könnte hingegen bald Realität werden – und US-Konzernen eine Hintertür öffnen. Zehntausende dieser Unternehmen haben in Kanada eine Niederlassung – und können über diesen Umweg die in CETA vorgesehene Sonderjustiz für InvestorInnen nutzen, um EU-Staaten zu verklagen, die beispielsweise Umweltstandards anheben oder den Arbeitsschutz verbessern.
Gravierende Folgen
Fallen wird mit CETA auch das in Europa übliche Vorsorgeprinzip, nach dem Produkte erst dann auf den Markt kommen dürfen, wenn sie unbedenklich sind, also weder dem Menschen noch der Umwelt schaden. In Kanada gilt – wie in den USA – das Nachsorgeprinzip. Gentechnik, Frackingmethoden, schlechtere Arbeitsbedingungen, weitere Deregulierungen zugunsten des Kapitals, zunehmende Privatisierungen plus Investitionsschattengerichte – all das kommt mit CETA. Und dazu eine sogenannte regulatorische Kooperation, die es den Behörden ermöglicht, nationale Gesetzentwürfe darauf abzuklopfen, ob sie freihandelskompatibel sind, und das, bevor die gewählten Abgeordneten die Entwürfe überhaupt zu Gesicht bekommen.
Ursprünglich plante die EU-Kommission, CETA an den Parlamenten der EU-Mitgliedsstaaten (beispielsweise Bundestag und Bundesrat) vorbei durchzusetzen. Der Grund dafür: Eine Reihe von Parlamenten haben VERWEIS WEBSEITE ihre Ablehnung signalisiert. Dieser Versuch ist Anfang dieser Woche gescheitert.
Das heißt aber noch lange nicht, dass CETA erst nach der Ratifizierung durch alle Parlamente in Kraft tritt. Denn die EU-Kommission und die Staats- und Regierungschefs wollen, dass das Abkommen sofort umgesetzt wird – durch eine sogenannte vorläufige Anwendung. Das bedeutet: Sobald EU-Kommission, Europäischer Rat und EU-Parlament CETA abgesegnet haben, gilt das Vertragswerk. Und zwar auf unbestimmte Zeit. Der vorläufigen Anwendung sei keine Frist gesetzt, heißt es in Brüssel. Unklar ist zudem, wie diese die Gültigkeit von CETA wieder beendet werden kann – falls überhaupt? Wenn eine Mehrheit der nationalen Parlamente eine Ratifizierung ablehnt? Oder was ist, wenn ein Parlament – aus welchen Gründen auch immer – das Thema gar nicht behandelt? Für diese Fragen gibt es keine Präzedenzfälle.
Den Beschluss, CETA vorläufig anzuwenden, können die zuständigen MinisterInnen der EU-Staaten mit qualifizierter Mehrheit fassen. Dazu müssen mindestens 16 der jetzt noch 28 EU-Staaten zustimmen, die zugleich 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. Nach dem derzeitigen Fahrplan soll der Ministerrat am 18. Oktober die vorläufige Anwendung beschließen; am EU-Kanada-Gipfel (27. Oktober) könnte CETA dann unterzeichnet werden.
Gegen diese undemokratischen Pläne mobilisiert ein breites Bündnis von BUND, attac, den DGB-Gewerkschaften, dem Deutschen Kulturrat, Brot für die Welt, Foodwatch, dem Paritätischen Verband bis hin zur Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und Mehr Demokratie. Für den 17. September sind regionale Großdemonstrationen in sieben Städten angekündigt, darunter Stuttgart. Nach der Demo folgt ein SPD-Konvent (kleiner Parteitag) zu CETA. Wann der Bundestag das Thema behandelt, ist noch offen.
Doch das Konstanzer Bündnis wartet nicht bis September. Bereits an diesem Samstag plant es eine Aktion in der Konstanzer Innenstadt, mit der auf CETA, TTIP und TiSA aufmerksam gemacht werden soll. Treffpunkt: Samstag, 9. Juli, 13.30 Uhr am Kiosk auf dem Bodanplatz. Wer kann, sollte eine Augenbinde mitbringen: Ein circa 6 mal 80 Zentimeter großes Stück weißes Tuch, auf dessen Mitte mit einem schwarzen Filzschreiber die Buchstaben CETA oder TISA geschrieben stehen. Mehr wird hier nicht verraten.
PS: Wie die Aktion verlief, ist hier zu sehen: