CETA: Blockade mit Ansage

Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament, hat schon öfters bei uns am Bodensee über die Freihandelsabkommen informiert. Hier sein Kommentar zur Einigung der belgischen Regionen zu CETA.

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“Die heutige Einigung ist kein Durchbruch, sondern eine Blockade mit Ansage. Die belgischen Regionen haben ihre Bedenken keineswegs aufgegeben. Die Wallonen und Brüsseler haben völlig Recht, dass CETA mit Schiedsgerichten nicht zustimmungsfähig ist. Der CETA-Stopp ist nur aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Im nationalen Ratifizierungsverfahren kündigen sie ein Veto an, wenn es bei den Schiedsgerichten bleibt. Davor wollen sie noch eine juristische Prüfung der Schiedsgerichte durch den europäischen Gerichtshof erreichen. Auch in Österreich und im deutschen Bundesrat gibt es derzeit keine Mehrheit für CETA. Es ist erfreulich, dass die neue Mehrheit in Berlin ihre Ablehnung schon angekündigt hat.

Nach dem absurden Entscheidungsverfahren auf EU-Ebene kündigen Konservative und Liberale jetzt an, mit juristischen Änderungen die EU-Handelspolitik durchsetzbarer zu machen. Das wäre jedoch die falsche Konsequenz aus dem CETA-Malefiz. Notwendig ist ein neuer gesellschaftlicher Konsens für die europäische Handelspolitik. Zollabbau, Vereinfachung der Zollabwicklung und Harmonisierung technischer Standards sind wirtschaftlich vernünftig. Eingriffe in gesellschaftliche Standards, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gehören nicht in Handelsverträge. Gerade CETA-Befürworter in den Wirtschaftsverbänden sollten nun das Gespräch mit Gewerkschaften, Bürgerrechtsgruppen, Entwicklungsorganisationen, Umwelt- und Verbraucherverbänden suchen. Nicht juristische Taschenspielertricks schaffen Akzeptanz für die Handelspolitik, sondern eine neue Allianz für eine Handelspolitik, die auf breite Zustimmung in der Bevölkerung trifft. Die Verhandlungsmandate aller derzeit verhandelten EU-Handelsverträge müssen neu verhandelt werden. Der CETA-Vertragstext selbst braucht eine Überarbeitung. Erst auf dieser Basis ergeben die notwendigen Änderungen am europäischen Entscheidungsverfahren für Handelsverträge politisch Sinn, statt politischen Frust zu erzeugen.”

Anmerkung (pw): Mit der belgischen Einigung kann CETA unterschrieben werden. Geklärt ist aber noch lange nichts – denn noch muss das Abkommen ratifiziert werden. Und da gibt es etliche Vorbehalte.