In der Neuen Zürcher Zeitung erschien Ende Oktober folgende aufschlussreiche Nachricht.
Es sind nur noch zwei Monate bis zum Ablauf der Verhandlungsfrist, doch immer noch ist unklar, ob das Abkommen zur Liberalisierung des Handels mit Dienstleistungen (Tisa) bis Ende Jahr zustande kommt.
Am Rande eines informellen Ministertreffens der Welthandelsorganisation (WTO) ist es am Wochenende in Oslo auch zu Gesprächen zwischen Vertretern führender Handelsmächte gekommen. Deren Ziel war es, die Verhandlungen für die weitere Liberalisierung des grenzüberschreitenden Handels mit Dienstleistungen (Trade in Services Agreement, Tisa) voranzubringen. Bei den Gesprächen wurden gewisse Fortschritte erzielt, aber in einigen zentralen Bereichen blieben die Positionen weiterhin unvereinbar. An den Gesprächen nahmen 12 der insgesamt 23 an den plurilateralen Verhandlungen beteiligten Parteien teil, darunter die USA, die EU, Japan, Südkorea und die Schweiz.
Zugeständnisse denkbar
Angesichts der ungeklärten Fragen ist es ungewiss, ob die Verhandlungen tatsächlich bis Ende 2016 abgeschlossen werden können, wie dies vorgesehen ist. Eine gewisse Klärung der Lage wird in der nächsten Woche erwartet. Dann werden die beteiligten Staaten in Genf die überarbeiteten Listen begutachten, in denen jeder Staat seine Massnahmen für die weitere Marktöffnung bekanntgibt. Falls die Angebote den Vorstellungen Washingtons entsprächen, könnten sich die USA zu Zugeständnissen in andern Bereichen bereit zeigen, verlautet aus diplomatischen Kreisen. Der amerikanische Präsident Obama möchte, wenn immer möglich, vor dem Ende seiner Amtszeit noch ein weiteres Handelsabkommen besiegeln können.
Von einer Einigung weit entfernt sind die führenden Handelsmächte vor allem in Bezug auf die künftige Ausgestaltung des Datenverkehrs. Washington drängt immer noch auf einen möglichst uneingeschränkten Datenverkehr, während sich die EU ein weitgehendes Recht zur Einschränkung des Datenaustausches zur Garantierung des Personenschutzes vorbehalten will.
Skepsis allenthalben
Die EU dürfte auf ihrer Position beharren, nicht zuletzt wegen der in weiten Teilen der Bevölkerung verbreiteten Abneigung gegenüber einem immer weiter gehenden Zugang zu persönlichen Daten und einer allgemeinen Skepsis gegenüber neuen Abkommen zur Liberalisierung des grenzüberschreitenden Handels. Die Schwierigkeiten bei der Verabschiedung des Freihandelsabkommens mit Kanada (Ceta) und die Proteste gegen die TTIP-Verhandlungen schränken den Verhandlungsspielraum Brüssels gegenwärtig stark ein.
Keine Einigung gibt es weiterhin bei der Frage, ob die Unterzeichnerstaaten künftig dazu verpflichtet sein sollen, bei neuen bilateralen Freihandelsabkommen gemachte weiter gehende Zugeständnisse auch den Tisa-Staaten anzubieten. Im Tisa-Abkommen wird aller Voraussicht nach die Meistbegünstigungsklausel (MFN) unter den Mitgliedstaaten gelten. Das heisst, dass Konzessionen, die ein Staat gegenüber einem anderen Land macht, auch für alle andern Vertragsparteien gelten. Ob eine weitere Öffnung des Dienstleistungsmarktes gegenüber Drittstaaten aber künftig auch automatisch für alle Tisa-Partner gelten soll, bleibt umstritten.
Das geplante Tisa-Abkommen gilt als Weiterentwicklung des WTO- Dienstleistungsabkommens Gats (General Agreement on Trade in Services). Im Gegensatz zum Gats wird das Tisa-Abkommen allerdings nur Geltung für die dem Abkommen beigetretenen Parteien haben.