Die österreichische Umweltschutzorganisation Global 2000 meldet:
Gestern Abend legten die Koordinatoren des Handelsauschusses im EU-Parlament einen neuen Zeitplan für die Abstimmung des Handelsabkommens CETA zwischen EU und Kanada vor. Die Abstimmung im zuständigen Ausschuss für Handel ist jetzt für den 23./24. Jänner geplant, die Abstimmung im Plenum für den 1./2. Februar 2017.
Verschiebung notwendig für kritische Debatten
Eine Verschiebung wurde notwendig, nachdem zahlreiche Abgeordnete moniert hatten, dass kritischen Ausschüssen eine Stellungnahme zu dem Abkommen verwehrt worden war – angeblich, weil dafür vor einer Abstimmung im Dezember nicht genügend Zeit gewesen wäre. Der Umwelt- & Sozial-Ausschuss und die Ausschüsse für Verkehr und auswärtige Angelegenheiten haben jetzt die Möglichkeit, ihre Einschätzung abzugeben. Heidemarie Porstner, CETA-Sprecherin der Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000: „Wir begrüßen die Verschiebung der Abstimmung. Der Zeitgewinn ist absolut notwendig, um eine kritische Debatte führen zu können. Den kritischen Stimmen einfach das Wort zu verbieten und auf einen unnötig knappen Zeitplan zu pochen, wie dies letzte Woche angekündigt war, ist ein absolut indiskutables Vorgehen.“
CETA-Befürworter sollen endlich Fakten vorlegen
Derzeit finden in zahlreichen Ausschüssen Debatten und Fragestunden zu CETA statt. So gibt es etwa zu den Zusatzerklärungen und den Anmerkungen der Mitgliedsstaaten zu CETA noch immer keine eindeutige Auslegung des Rechtsdienstes des EU-Parlaments, da immer neue Fragen auftauchen. Heidemarie Porstner: „Die kommenden Wochen müssen dazu genutzt werden, all die kritischen Stellungnahmen und Rechtsgutachten in Betracht zu ziehen. Die KritikerInnen haben stapelweise solcher Analysen vorgelegt, nur wollte man ihnen bisher kein Gehör schenken. Auch werden die Stimmen im Parlament immer deutlicher, die die Befürworter auffordern, ihre CETA-PR doch endlich mit Fakten zu untermauern.
NGOs, Gewerkschaften, Arbeiterkammer haben zahlreiche Studien zur Negativ-Wirkung von CETA vorgelegt
Während jene, die für CETA die Werbetrommel rühren, bis dato mit umfassenden Analysen säumig waren, um das angebliche Wirtschaftswachstum und das Wohl für Menschen und Umwelt, wie es immer wieder heißt, zu belegen, haben kritische und unabhängige Organisationen EU-weit in den vergangenen Monaten zahlreiche Rechtsgutachten und Studien in Auftrag gegeben und Analysen durchgeführt. Das Resumee: Die Bedenken, die im Raum standen, werden damit alle samt bestätigt:
- CETA beinhaltet wesentliche Elemente, die es in Zukunft erschweren, Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und der Gesundheit durchzusetzen.
- ArbeitnehmerInnenrechte und öffentliche Daseinsvorsorge sind nicht ausreichend geschützt.
- Das Vorsorgeprinzip ist nicht ausreichend gewahrt.
- Das Recht der Staaten zu regulieren kann zwar nicht primär eingeschränkt werden, doch durch Vereinbarungen im Abkommen wird es sehr viel schwieriger, dieses Recht gegenüber Wirtschaftsinteressen zu behaupten.
- Sonderklagerechte für Konzerne wirken sich auch mit dem neuen geplanten Gerichtssystem negativ auf geplante Schutzmaßnahmen im Bereich Umwelt, KonsumentInnenschutz oder ArbeitnehmerInnenrechte aus. Wie genau das Gerichtssystem aussehen soll, ist im übrigen noch nicht zur Gänze geklärt.
- Die Zusatzerklärungen beinhalten Bekenntnisse, die nichts daran ändern, dass letztlich das gilt, was im CETA-Vertrag enthalten ist: Die Vereinbarung, dass alles vermieden wird, was dem Handel zwischen den beiden Partnern im Wege steht.
- Das Vorsorgeprinzip wurde nicht im eigentlichen Vertrag verankert und kann so zum Streitpunkt werden.
Porstner abschließend: „Die Liste der Belege für potentiell negative Auswirkungen von CETA ist lang, doch gibt es wenig Belege für die angeblichen positiven Auswirkungen. Jetzt ist es allerhöchste Zeit, die Kritik ernst zu nehmen und einzusehen, dass CETA nicht das bestmögliche Handelsabkommen für Mensch und Umwelt ist.“