Zehn Gründe gegen TiSA

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Öffentliche Dienste wie Gesundheit und Bildung, alle Internet-Dienste, Friseure, Banken, Post – das Dienstleistungsabkommen TiSA (TiSA) greift praktisch in alle Bereiche unseres täglichen Lebens ein. Die folgenden zehn Punkte fassen zusammen, was der streng geheime Deal für uns bedeutet.

#1 – Die großen sind alle dabei, ärmere Länder werden größtenteils nicht beteiligt

Alle 28 EU-Mitgliedsstaaten, die USA, Australien und 20 andere, meist reiche Länder verhandeln mit. TiSA wird deshalb rund 70 Prozent des globalen Handels mit Dienstleistungen umfassen. Schwellenländer wie Brasilien, China, Russland und über 100 Entwicklungsländer können die Regeln nicht mitbestimmen. Sollte TiSA in die Welthandelsorganisation (WTO) überführt werden, müssten sie diese aber trotzdem akzeptieren.

#2 – Die Verhandlungen sind geheim

Die Verhandlungen laufen hinter verschlossenen Türen ab und nur mit geringer parlamentarischer Kontrolle. Die Öffentlichkeit hat keinerlei Möglichkeit, die Inhalte der Verhandlungen einzusehen oder zu diskutieren. Im Gegensatz dazu haben Lobbyisten großer globaler Dienstleistungsunternehmen sehr wohl Zugang zu den Verhandler/innen und versuchen dort ihre Interessen einzubringen. Dank geleakter Dokumente wissen wir, dass diese Unternehmen und einige Regierungen das Abkommen nutzen wollen, um ihre Deregulierungs- und Privatisierungsagenda durchzusetzen.

#3 – Fast alle Dienstleistungen werden betroffen sein

TiSA könnte Regeln für so gut wie alle Dienstleistungen setzen, die wir im täglichen Leben in Anspruch nehmen wie etwa Bildung, Gesundheitsvorsorge, Verkehr, Wasser, Telekommunikation, Post, Altenpflege, Kinderbetreuung, Energie, Einzelhandel, Online-Dienste und Banken. Es wird oft behauptet, dass „öffentliche Dienstleistungen“ ausgeschlossen seien. Doch in den bisher bekannten Verhandlungstexten, ist die Definition einer öffentlichen Dienstleistung so eng gefasst, dass Bereiche wie die Wasserversorgung und Gesundheitsversorgung sehr wohl durch TiSA erfasst werden.

#4 – Es geht um Deregulierung

Bei TiSA geht es nicht darum Zölle für Waren zu senken. Stattdessen soll TiSA die Möglichkeit von Regierungen beschränken, Regeln für Dienstleistungen aufzustellen. Zum einen sollen diese Regeln auf dem derzeitigen Stand eingefroren und später abgebaut werden. Zum anderen wird es schwieriger gemacht neue Regeln aufzustellen. Das ist nützlich für große Dienstleistungsunternehmen, aber nicht für die Allgemeinheit. Denn so könnte TiSA zukünftig wichtige Regeln zum Schutz von Verbraucher/innen, Arbeitnehmer/innen und zum Umweltschutz verhindern oder einschränken.

Dienstleistungen müssen nach bestimmten Regeln angeboten werden, damit es dabei sicher und fair zugeht. Wir erwarten beispielsweise, dass die Regierung den Zugang zu Gesundheitsleistungen und Bildung sicher stellt – zu erschwinglichen Preisen und hoher Qualität. Ebenso sollen Arbeitnehmer/innen in diesem Sektor eine faire und sichere Arbeit leisten können. Für Dienstleistungen wie Strom, Wasser und die Müllabfuhr gelten ähnliche Prinzipien.

#5 – Die versteckte Privatisierungs-Agenda hinter TiSA

TiSA schreibt die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen nicht direkt vor, begünstigt sie jedoch auf verschiedene Art und Weise: Zum einen durch bereits erwähnte enge Definition einer öffentlichen Dienstleistung. Zum anderen enthält TiSA Regeln, die es sehr schwierig machen, eine einmal privatisierte Dienstleistung in die öffentliche Hand zurückzuführen. Es kommt jedoch immer wieder vor, dass sich Kommunen für die Rekommunalisierung etwa der Wasser- oder Elektrizitätsversorgung entschließen, weil der private Anbieter eine zu geringe Qualität lieferte oder zu hohe Preise verlangte. Die Entscheidung für eine solche Rekommunalisierung sollte in einem demokratischen Prozess erfolgen, nicht durch Regeln aus geheim verhandelten Handelsverträgen behindert werden.

#6 – Spielraum für fortschrittliche Politik wird kleiner

TiSA würde es Regierungen erschweren, auf Krisen oder neue Herausforderungen mit fortschrittlichen und fairen Regeln zu reagieren. So würde TiSA voraussichtlich die Möglichkeiten einer Regierung einschränken, auf Ereignisse wie eine globale Finanzkrise mit starker Regulierung des Bankensektors zu reagieren.

#7 – Ein Wettlauf um niedrigste Standards

Wenn jemand eine Dienstleistung anbieten möchte, gelten bestimmte Lizenz-Regeln und bestimmte Qualifikationen werden vorausgesetzt. TiSA schreibt vor, dass diese Ansprüche nicht höher sein dürfen als nötig – über die Auslegung was nötig ist, entscheidet im Streitfall eine intransparente Schiedsstelle bestehend aus drei HandelsexpertInnen, nicht etwa demokratische Gremien. Dies könnte zu schwierigen Wettbewerbsbedingungen für HandwerkerInnen führen, die die Konkurrenz von schlecht ausgebildeten Billigkräften fürchten müssen. Ebenso könnte es schwierig werden, höhere Qualifikationsvoraussetzungen für ErzieherInnen oder AltenpflegerInnen zu verlangen, ohne dabei in Konflikt mit TiSA zu geraten.

#8 – Datenschutz in Gefahr

Auch Datenschutzregeln dürfen laut TiSA kein „Handelshemmnis“ darstellen. Regierungen werden in vielen Fällen davor zurückschrecken, stärkere Regeln zum Schutz unserer Daten zu erlassen. Da die EU weltweit als Vorreiterin im Bereich des Datenschutzes gilt, besteht die Gefahr, dass hier geltende Regeln von ausländischen Anbietern ausgehebelt werden, beispielsweise indem die Daten in einem anderen Land mit geringeren Datenschutzstandards gespeichert werden.

#9 – Neue Dienstleistungen könnten unter TiSA fallen

Derzeit wird noch verhandelt, ob alle neuen Dienstleistungen, die derzeit noch nicht existieren, automatisch unter TiSA fallen. Sollte dies der Fall sein, könnten diese neuen Dienstleistungen nur eingeschränkt reguliert werden. Kürzlich kündigte beispielsweise der Onlinehändler Amazon an, zukünftig Waren per Zeppelin und Drohnen ausliefern zu lassen. In welchem Land zahlt Amazon dann eigentlich seine Steuern und an welche arbeitsrechtlichen und sicherheitstechnischen Fragen müsste sich das Unternehmen dann halten? Diese rasanten Entwicklungen der Digitalisierung mit fairen Regeln zu gestalten, würde mit TiSA noch schwieriger.

#10 – TiSA könnte noch dieses Jahr abgeschlossen werden

Die Verhandler/innen wollten eigentlich bis Ende 2016 zu einem Abschluss kommen. Dieses Ziel wurde verpasst. Noch verhindern zu viele Differenzen vor allem zwischen der EU und USA einen Verhandlungserfolg. Doch insgesamt ist TiSA schon sehr weit fortgeschritten. Es gibt auch Hinweise darauf, dass der neue US-Präsident Donald Trump sich hinter TiSA stellen wird und es dann zu einem schnellen Abschluss kommen könnte.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst im Blog der Kampagnenplattform Compact. Er ist die überarbeitet Version eines englischsprachigen Beitrags von Patricia Ranald und Jemma Williams, zuerst veröffentlich vom Australian Fair Trade and investment Network.

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