Die SPD hat wieder ein CETA-Problem

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Die Sozialdemokraten haben Bedingungen definiert, um dem EU-Kanada-Abkommen zuzustimmen. Die sind aber immer noch nicht erfüllt.

Dieser Beitrag erschien am 8. Februar in der Tageszeitung taz. Autor: Malte Kreutzfeldt

BERLIN taz | Die SPD müsste CETA eigentlich ablehnen, denn zentrale Bedingungen der Sozialdemokraten für eine Zustimmung zu dem Abkommen zwischen der EU und Kanada werden nicht eingehalten. Das geht aus bisher unveröffentlichten Antworten des Bundeswirtschaftsministeriums auf Anfragen der Linksfraktion hervor.

Der SPD-Konvent hatte im November mit knapper Mehrheit beschlossen, dem umstrittenen Freihandelsabkommen zuzustimmen, sofern im weiteren Prozess eine Reihe von Änderungen erreicht würde. Unter anderem forderten sie, dass „unklare Definitionen“ von „unbestimmten Rechtsbegriffen“ beseitigt oder klargestellt werden müssten.

CETA nennt als Grund für mögliche Klagen von Unternehmen gegen Staaten etwa „offensichtliche Willkür“ oder das Versagen einer „gerechten und billigen Behandlung“, ohne diese Begriffe zu definieren. Das wollte die SPD ändern: „Hier sind Klarstellungen und Präzisierungen erforderlich, etwa in Form von rechtlich verbindlichen, ergänzenden Erklärungen zwischen den Vertragspartnern“, heißt es im Beschluss des Konvents.

Und tatsächlich hat der EU-Rat zusammen mit dem eigentlichen CETA-Abkommen eine Reihe weiterer Dokumente verabschiedet: zum einen eine „gemeinsame Auslegungserklärung“, die von Kanada und der EU unterzeichnet wurde, zum anderen eine Reihe von Protokollerklärungen, die die EU oder einzelne Mitgliedstaaten allein verfasst haben.

Versprechen gebrochen

Die Forderung, schwammige Begriffe eindeutig zu definieren, wird darin nach Auskunft der Bundesregierung allerdings nicht erfüllt. „Das gemeinsame Auslegungsinstrument zielt nicht auf die Definition von Begriffen, sondern auf die Auslegung von Bestimmungen ab“, schreibt SPD-Staatssekretär Matthias Machnig. Für den stellvertretenden Vorsitzen der Linken im Bundestag, Klaus Ernst, steht damit fest: „Ganz offensichtlich hat Sigmar Gabriel als Wirtschaftsminister und SPD-Chef seine Versprechen gegenüber SPD-Basis und Öffentlichkeit gebrochen.“

Während die gemeinsame Auslegungserklärung zumindest bei Streitfragen über CETA herangezogen werden muss, ist die rechtliche Wirksamkeit der Protokollerklärungen völlig unklar. Sie könnten „im Einzelfall einen Beitrag zur konkretisierenden Auslegung“ von CETA leisten, schreibt die Regierung lediglich. EU-Verhandlungsführer Maurio Petriccione hatte in einer Anhörung im November die Auffassung vertreten, diese seien „unilateral“. Deutschland hat sich in einer solchen Erklärung etwa das Recht vorbehalten, einseitig aus CETA auszusteigen, wenn das Verfassungsgericht Einwände hat oder der Bundestag das Abkommen nicht ratifiziert.

Wie die SPD nächste Woche im EU-Parlament abstimmt, ist offen

Rechtlich wirksam wären solche Erklärungen aber nach Ansicht von Experten nur, wenn Kanada sie offiziell annimmt. Die Frage, ob das geschehen ist, beantwortet das Wirtschaftsministerium gegenüber der Linksfraktion nicht. Auch der taz verweigerte das Ministerium am Dienstag eine Antwort.

Zugesagt hatte die SPD im Konventsbeschluss auch, die Entscheidung über CETA „in enger Abstimmung mit den Gewerkschaften“ zu treffen. Würde das ernst genommen, müsste die Partei das Abkommen derzeit ablehnen. Zwar hat der DGB am Dienstag gemeinsam mit Industrieverbänden eine Erklärung veröffentlicht, wonach CETA „wichtige Fortschritte“ bringe. Doch im Dezember hatte der DGB-Vorstand beschlossen, dass die Zusatzerklärungen nicht ausreichten, um „die gewerkschaftlichen Bedenken auszuräumen“. Vergangene Woche hatten zudem acht europäische Gewerkschaftsdachverbände eine Ablehnung von CETA gefordert.

Wie die SPD nächste Woche im EU-Parlament abstimmt, ist offen. Im Handelsausschuss hatte der Bremer SPD-Abgeordnete Joachim Schuster Ende Januar gegen CETA gestimmt, der Handelsausschuss-Vorsitzende Bernd Lange hingegen dafür.