Die belgische Föderalregierung wird in den nächsten Tagen eine Prüfung des umstrittenen kanadisch-europäischen Freihandelsabkommens CETA beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) beantragen. Dies ist eine Konsequenz der innerbelgischen Einigung zu CETA aus dem vergangenen Jahr. Das schreibt die „Wiener Zeitung“.
(Im Bild: Eine Aktion der Linken-Fraktion des EU-Parlaments.)
Im Oktober 2016 hatte der damalige Ministerpräsident der Region Wallonien, der Sozialdemokrat Paul Magnette, seine Blockadehaltung gegen das Abkommen nach wochenlangem Ringen doch noch aufgegeben. Allerdings knüpften die Wallonen, die aufgrund der föderalen Struktur Belgiens über große Mitspracherechte verfügen und damit auch das Abkommen zu Fall hätten bringen können, ihre Zustimmung an eine Bedingung. Als Gegenleistung für das wallonische Einlenken wurde die Föderalregierung dazu verpflichtet, den EuGH zu Rate ziehen, damit dieser das Abkommen hinsichtlich seiner EU-Rechtmäßigkeit durchleuchtet. Genau das soll nun passieren. Geprüft soll unter anderem werden, ob durch CETA die nationale Gerichtsbarkeit untergraben wird. Denn analog zum derzeit kaum realisierbaren TTIP-Freihandelsabkommen mit den USA gibt es auch bei CETA umstrittene Passagen zum Investorenschutz. So können multinationale Konzerne nationale Gerichte umgehen und bei einem eigens eingerichteten Schiedsgericht gegen Gesetze im Allgemeininteresse klagen, wenn sie durch diese ihre Profitmöglichkeiten eingeschränkt sehen.
Gegen den Investorenschutz laufen vor allem Globalisierungskritiker von Beginn an Sturm. Entsprechend hoch sind daher auch die Hoffnungen, dass der EuGH die Regelung kippt oder zumindest weitgehende Modifikationen einfordert. „Wenn der EuGH in unserem Sinne entscheidet, wäre das ein großer Sieg für die Rechtsstaatlichkeit und die Demokratie in ganz Europa“, sagt Alexandra Strickner von der Organisation Attac.
Die Europäische Kommission verspricht sich von dem Abkommen, das in Teilen schon am 21. September in Kraft tritt, dagegen viel. So sollen die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und Kanada mit CETA auf eine völlig neue Basis gestellt werden. Durch den Wegfall von 99 Prozent der Zölle und anderen Handelshemmnissen soll es auf beiden Seiten des Atlantiks zu mehr Wirtschaftswachstum kommen. So ist etwa vorgesehen, Zugangsbeschränkungen bei öffentlichen Aufträgen zu beseitigen und die Dienstleistungsmärkte zu öffnen.
Bis das Abkommen als Ganzes umgesetzt werden kann, wird es aber noch Jahren dauern. Denn unabhängig von der anstehenden EuGH-Entscheidung müssen auch noch die nationalen Parlamente aller EU-Staaten zustimmen, damit die umstrittenen Teile, die auch den Investorenschutz betreffen, in Kraft treten.