Die oppositionelle Sozialdemokratische Partei Österreichs warnt, dass entscheidende Verhandlungen noch nicht abgeschlossen seien; auch NGOs kritisieren die Regierung. Das schreibt die Tageszeitung Standard.
Wien – Die SPÖ wirft der Regierung ein „Durchpeitschen“ der geplanten Ratifizierung des EU-Kanada-Freihandelsabkommens CETA vor. Die größte Oppositionspartei vermutet, dass ÖVP und FPÖ die Ratifizierung noch vor dem Sommer im Parlament erledigen wollen. Grund dafür ist, dass es Meldungen zufolge in den vergangenen Tagen eine regierungsinterne Abstimmung für den Ministerratstext gegeben hat. Die verschiedenen Ministerien wurden demnach vom Außenministerium gebeten, Stellungnahmen zu Details abzugeben, die ihre Themen betreffen.
Dies deutet darauf hin, dass die Thematik in den kommenden Wochen durch den Ministerrat gehen dürfte. Dann ist noch das Parlament am Zug. Es ist davon auszugehen, dass die Bundesregierung die Ratifizierung jedenfalls vor der Übernahme des EU-Ratsvorsitzes in der zweiten Jahreshälfte abgehakt haben will. Die Bundesregierung kann die SPÖ-Kritik nicht nachvollziehen. Das Abkommen sei noch unter dem damaligen Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) unterzeichnet worden. „Dass die SPÖ jetzt die Nachfolgeregierung dafür verantwortlich macht, das verwundert“, sagte Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal am Samstag.
Zeitplan offen
Das CETA-Verhandlungsmandat hatte stets das Wirtschaftsministerium über, für Staatsverträge ist aber das Außenamt zuständig. Von dort wurde auf APA-Anfrage darauf verwiesen, dass eine Ratifizierung von CETA im Regierungsprogramm grundsätzlich vorgesehen sei. Auf einen genauen Zeitplan wollte man sich auf Nachfragen nicht festlegen.
CETA gilt für die jetzige ÖVP-FPÖ-Koalition als heikel, da die FPÖ sich bis zur Wahl dagegen ausgesprochen hatte, was sich durch das Regierungsabkommen aber änderte. Das Außenamt leitet die von der FPÖ dorthin nominierte Karin Kneissl. Das Ende Jänner 2017 abgehaltene Volksbegehren gegen CETA, TTIP und TiSA war (innerhalb einer Woche) von 562.552 Österreichern unterschrieben worden. Es landete damit auf Platz 11 in der ewigen Volksbegehren-Bestenliste.
Teile der SPÖ und die FPÖ (wie auch die Grünen und NGOs) hatten das Volksbegehren unterstützt. Die FPÖ-Spitze unterzeichnete – damals noch in der Opposition – das Volksbegehren genau so wie etwa der burgenländische SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl, als seine Partei noch in der Regierung saß. Entscheidende Verhandlungen Die Sozialdemokraten, die selbst lange intern uneins waren beim Thema CETA, stören sich jetzt daran, dass eine Ratifizierung drohe, „obwohl ganz entscheidende Verhandlungen zu CETA auf europäischer Ebene noch gar nicht abgeschlossen sind“.
Aufgrund eines auf EU-Ebene vereinbarten Zusatzprotokolls gibt es derzeit laut SPÖ noch Verhandlungen zur Verbesserung der Regelungen für Schiedsverfahren und Schiedsgerichte. Als die Roten noch an der Macht waren, war es Bedingung des damaligen Bundeskanzlers und nunmehrigen Oppositionsführers Christian Kern, dass es noch Verbesserungen bei Schiedsverfahren und Investorenklagen brauche, um CETA zu ratifizieren, erinnert die Oppositionspartei. „Zudem sind wegweisende Entscheidungen des EuGH zu CETA noch ausständig“, heißt es nun aus der SPÖ. „Das Vorgehen der Regierung ist so, als ob man die Zulassung eines Medikaments beschließen würde, obwohl noch wichtige Untersuchungen zu Nebenwirkungen und zur richtigen Dosierung fehlen“, meinen die Sozialdemokraten.
Nicht zustimmungsfähig
Unterstützung bekommen sie von der globalisierungskritischen NGO Attac: Man werde gemeinsam mit der Plattform „Anders Handeln“ (vormals TTIP Stoppen) in den nächsten Wochen „alle Kräfte mobilisieren, um das Abkommen im Parlament noch zu stoppen“. Auch GLOBAL 2000-Geschäftsführerin Leonore Gewessler äußerte sich kritisch: „Wir warnen davor, aus taktischen Gründen und angesichts des starken Widerstands der österreichischen Bevölkerung dieses problematische Handelsabkommen Husch-Pfusch durchzuwinken“, erklärte sie in einer Aussendung. Das Abkommen sei „weiterhin nicht zustimmungsfähig“, denn es würden nach wie vor „die bekannten Probleme der Sondergerichte für Konzerne“ ungelöst sein.