Am gestrigen Dienstag haben die EU-Kommision und die japanische Regierung das JEFTA-Handelsabkommen unterschrieben. Wie ist die Lage nun einzuschätzen? Und was halten japanische KritikerInnen davon? Hier eine Einschätzung von Max Banks von LobbyControl, der kürzlich in Japan war.
„Bei uns in Japan sitzen grundsätzlich nur Konzernlobbyisten mit am Tisch, wenn es um Handelspolitik geht“, sagt ein japanischer Kollege, den ich vor wenigen Tagen in Tokio traf. Gerade bin ich aus Japan zurück, wo ich mich mit zivilgesellschaftlichen Partnern und Parlamentariern zu JEFTA ausgetauscht habe (mehr dazu in meinem Reisebericht). Ich habe viele erhellende, teils erschreckende Informationen mitgenommen – und wichtige Anregungen für unsere künftige Arbeit zu JEFTA. Denn die geht weiter, auch nach der Vertragsunterzeichnung, die gestern in Tokio stattfand.
Bereits am 6. Juli hatte die Bundesregierung das Abkommen im Rat der EU durchgewunken. Doch noch ist das letzte Wort nicht gesprochen, denn dieses ist dem EU-Parlament vorbehalten: Laut offiziellem Fahrplan soll es JEFTA im Dezember zustimmen, die nationalen Parlamente werden nicht gefragt. Wir konzentrieren deshalb jetzt alles darauf, die EU-Abgeordneten über die Gefahren von JEFTA aufzuklären und zu einem Nein zu bewegen. Ein erster Schritt ist die Analyse des Abkommens, die wir gestern gemeinsam mit Powershift, Greenpeace und BUND veröffentlicht haben.
Wie groß die Unklarheit über JEFTA bisher ist, hatte unter anderem die hitzige Bundestagsdebatte Mitte Juni gezeigt. Ohne unseren Druck hätte sich der Bundestag überhaupt nicht befasst mit diesem Abkommen, obwohl es uns alle betrifft. Erst nachdem wir uns mit einem offenen Brief an die Abgeordneten gewandt hatten, hoben Grüne und Linke das Thema auf die Tagesordung. In der kontroversen Debatte gab es einige kritische Beiträge, die das Abkommen in der jetzigen Form ablehnen – aber auch viel leere Abwiegelei und wortreiches Wegschauen. Zudem wurde deutlich: Die Bundesregierung nutzt systematisch Trumps Protektionismus, um selbst eine Handelspolitik zu rechtfertigen, die in erster Linie Konzerninteressen dient.
Gemeinsam mit NGOs aus anderen europäischen Ländern nehmen wir jetzt das EU-Parlament in den Blick. Angesichts der Kräfteverhältnisse in Brüssel ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass sich dort eine Mehrheit gegen JEFTA bildet: Konservative, Liberale und Rechte tragen ebenso wie Teile der Sozialdemokratie bisher den demokratiegefährdenden Kurs in der Handelspolitik mit. Wir lassen uns davon jedoch nicht entmutigen – dafür steht zu viel auf dem Spiel.
Und wenn im nächsten Jahr neu gewählt wird, haben wir alle es in der Hand, kritische Kandidat/innen ins EU-Parlament zu schicken und so die Handelspolitik auf einen demokratieverträglicheren Kurs zu bringen. Das ist umso wichtiger, als die EU-Kommission schon weitere Abkommen nach JEFTA-Modell in Vorbereitung hat – etwa mit den lateinamerikanischen Mercosur-Staaten, Indonesien, Australien und Neuseeland.
- Reisebericht: Wie JEFTA in Japan gesehen wird
- Wie JEFTA Konzerninteressen vorantreibt: Eine kritische Analyse des Handelsabkommens zwischen der EU und Japan