Noch diese Woche stimmen die EU-Abgeordneten über das von der Europäischen Kommission verhandelte EU-Japan-Abkommen JEFTA ab. Doch viele Interessengruppen aus der Mitte der Gesellschaft sind während den Verhandlungen kaum zu Wort gekommen – Großkonzerne haben den grössten Anteil der Beratungstreffen mit den EU-VerhandlerInnen für sich beansprucht, während kleine und mittelständische Unternehmen, Gewerkschaften und andere zivilgesellschaftliche AkteurInnen kaum Gehör fanden.
Seit Dezember 2017 befindet sich die Europäische Kommission in einem Wettlauf gegen die Zeit, die Verhandlungen zum EU-Japan Handelsabkommen sind seitdem abgeschlossen und die Handelsabteilung der Kommission arbeitet nun fieberhaft daran, das Abkommen absegnen zu lassen. Offiziell heißt es “EU-Japan Wirtschaftspartnerschaftsabkommen”, aber von einer echten Partnerschaft ist der Deal weit entfernt: in den Verhandlungen über das Abkommen hatten viele gesellschaftliche Interessengruppen in Japan und der EU nichts zu melden.
Interne Dokumente der EU-Kommission, im Rahmen von Informationsfreiheitsanfragen veröffentlicht, zeigen dass federführende Beamt*innen der Generaldirektion Handel sich zwischen 10. Januar 2014 und 12. Januar 2017 ganze 213 Mal mit Lobbyist*innen trafen, um hinter verschlossenen Türen über das Abkommen zu sprechen.
In 190 Fällen (89% aller Treffen) saßen nur Unternehmens-Lobbyist*innen am Tisch. Nur 9 Mal (4% der Treffen) traf die Kommission Nichtregierungsorganisationen, Verbraucherschutzverbände und andere Organisationen, die Gemeinwohlinteressen vertreten. Kein einziges Treffen gab es mit Gewerkschaften oder Verbänden kleiner und mittelständischer Unternehmen. Die restlichen 7% der Treffen fanden mit öffentlichen Institutionen und Denkfabriken statt (zum kompletten Datensatz auf Englisch geht es hier).
Corporate Europe Observatorys Anfrage nach einer ähnlichen Liste von Lobbytreffen für das Jahr 2017 wurde abgewiesen. Laut Generaldirektion Handel sei es zu “beschwerlich” eine solche aktualisierte Übersicht dieser Lobbykontakte zusammen zu stellen.
Folgende Konzernlobbygruppen hatten am häufigsten Kontakt mit der Generaldirektion Handel zum EU-Japan Handelsabkommen (Januar 2014 – 2017):
- BusinessEurope, der europopäische Arbeitgeberverband und eine der mächtigsten Lobbyorganisationen in der EU
- European Services Forum, eine Lobbygruppe großer Dienstleistungsunternehmen wie DHL und Deutsche Telekom
- CEEV, ein Verband der Weinindustrie mit über 7.000 Mitgliedsunternehmen
- ACEA, der europäische Verband der Autolobby (mit Mitgliedern wie BMW, Ford, Renault und anderen)
- Bundesverband der deutschen Industrie (BDI), die mächtigste Stimme deutscher Unternehmen in Brüssel
Die Zahlen offenbaren die einseitige Ausrichtung von EU-Handelsabkommen: Große Konzerne, erpicht darauf, weltweit Güter und Dienstleistungen zu kaufen und zu verkaufen, sind die treibende Kraft hinter den Verhandlungen. Sie prägen so die Regeln für den weltweiten Handel im Interesse ihrer Profitmaximierung. Und die Anderen? Die Interessen von Verbraucher*innen, Arbeitnehmer*innen, Umweltverbänden sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen scheinen der Europäischen Kommission nicht wirklich wichtig zu sein.
Die EU bezeichnet das EU-Japan-Abkommen als eine Partnerschaft. Ein Blick auf die von der Kommission in den Verhandlungen konsultierten Gesprächspartner*innen zeigt, dass es sich dabei in Wahrheit allein um eine Partnerschaft zwischen EU-Verhandler*innen und multinationalen Konzernen handelt.