In Wahlkämpfen wird mitunter das Blaue vom Himmel herunter versprochen – so auch jetzt vor der anstehenden Wahl des Europaparlaments. Oder sind die Aussagen ernst gemeint? Jedenfalls haben sich die bundesdeutschen Grünen in ihrem EU-Programm erneut klar gegen die geplanten Freihandelsabkommen CETA, TTIP, usw. positioniert. Und die baden-württembergischen? Halten die sich weiterhin bedeckt, obwohl sie CETA verhindern könnten?
„Wir machen den Welthandel fair“, heißt es im Wahlprogramm der Grünen. Und weiter: „Im Hinterzimmer verhandelt, von Konzern-Interessen dominiert, von Millionen Menschen abgelehnt: die Beispiele TTIP, CETA, JEFTA und TISA zeigen, wie Handelsabkommen nicht aussehen dürfen. Deshalb lehnen wir Grüne sie ab und fordern einen Neustart.“
Weiter führt das Programm aus: Ohne starke Regeln schaffe „die Globalisierung viele Verlierer. Damit offene Märkte nicht von Konzernen regiert werden, sondern von guten Spielregeln für fairen Wettbewerb; damit Verbraucherinnen und Verbraucher gegen Schadstoffe geschützt sind; damit Arbeiterinnen und Kleinbauern ihre Existenz sichern können – dafür brauchen wir faire Handelsabkommen.
Es geht um mehr als nur klassischen Freihandel in Abkommen wie TTIP – dem Handelsabkommen zwischen der EU und den USA, CETA – dem Handelsabkommen mit Kanada, oder JEFTA – dem EU-Japan-Handelsabkommen. Denn durch diese Abkommen sollen Handelshemmnisse abgebaut und Produktstandards angepasst oder anerkannt werden. Was harmlos und technisch klingt, gefährdet unseren Verbraucherschutz und das Vorsorgeprinzip. Denn oft sind es Umwelt-, Verbraucher- oder Sozialstandards, die zu Hürden für den Handel erklärt werden und darum abgeschafft werden sollen. Wir Grüne kämpfen dafür, das Vorsorgeprinzip und hohe Schutzstandards zu verankern.
„Die Abkommen greifen tief in den Alltag der Menschen ein.“
CETA & Co. erhöhen auch den Druck zur Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen. Doch die öffentliche Daseinsvorsorge muss geschützt werden. Unsere Kommunen müssen frei entscheiden können, wie sie die Versorgung mit Wasser, Krankenhäusern und Bildungsangeboten sicherstellen wollen – und zwar ohne Angst vor abschreckenden Klageforderungen ausländischer Investoren. Mit CETA soll ein Investorengerichtshof eingerichtet werden, vor dem Großkonzerne gegen die demokratisch legitimierten Entscheidungen der EU-Staaten klagen können. Nach diesem Muster verklagt der Atomriese Vattenfall Deutschland wegen des Atomausstiegs auf horrende Schadensersatzsummen. Diese Klageprivilegien für Konzerne lehnen wir ab.
Wir fordern das Primat der Politik und transparent verhandelte Abkommen. Denn wer im Interesse der Bürgerinnen und Bürger handelt, braucht das Licht der Öffentlichkeit nicht zu scheuen. TTIP & Co greifen tief in den Alltag der Menschen ein. Da ist Intransparenz der Bevölkerung und den Parlamenten gegenüber inakzeptabel und undemokratisch.“
Das Programm enthält auch eine klare Aussage: „Im Fall von CETA wollen wir alles dafür tun, damit das Abkommen in dieser Form nicht ratifiziert wird.“
Aber wissen das die baden-württembergischen Grünen? Die grün geführte Landesregierung hat sich bisher zu keiner klaren Aussage durchgerungen, ob sie bei der bevorstehenden Ratifizierung von CETA im Bundesrat der grünen Parteilinie folgen wird – oder nicht. Jedenfalls sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei einem Kanada-Besuch im September 2018: „Ich bin zuversichtlich, die Vorbehalte gegen CETA ausräumen zu können.“
Nach Ablehnung hört sich das nicht an, im Gegenteil. Falls die Grünen Baden-Württembergs ihre Regierung nicht bald dazu bringen können, das jetzt wiederholte Wahlversprechen auch einzuhalten, dürfen sie sich nicht wundern, wenn demnächst von grünem Wahlbetrug die Rede ist.