Über 25.000 Lobbyisten beeinflussen die EU-Politik – meist im Auftrag von Konzernen und mächtigen Wirtschaftsverbänden. Die Anliegen der BürgerInnen dringen dagegen kaum durch. Damit das Allgemeinwohl nicht länger unter den Tisch fällt, muss die EU demokratisch fit gemacht werden, sagt die Initiative Lobbycontrol – und hat eine Online-Kampagne lanciert.
Die LobbyistInnen arbeiten in Brüssel, treffen EntscheidungsträgerInnen bei Arbeitsessen, Konferenzen oder Cocktailempfängen. Sie stellen ihnen Expertise zur Verfügung oder drohen mit dem Abbau von Arbeitsplätzen. Sie schreiben Änderungsanträge oder ganze Teile von Gesetzestexten. Zusammen geben sie jährlich ca. 1,5 Milliarden Euro aus, um die Interessen ihrer Auftraggeber möglichst effektiv in den politischen Prozess einzubringen. Brüssel ist damit nach Washington die zweitgrößte Lobbyhauptstadt der Welt.
Die Einflussnahme der zahlungskräftigen Lobbyisten geschieht weit weg von den allermeisten Bürgerinnen und Bürgern Europas. Doch es ist nicht nur die räumliche Distanz, die es Leuten wie Ihnen und uns erschwert, unsere Interessen angemessen in Brüssel zu vertreten. Viele zivilgesellschaftliche Organisationen Europas können sich gar kein Büro in Brüssel leisten – und wenn, dann sind die Budgets winzig im Vergleich zu dem, was die Konzernlobby ausgibt. Gehört werden sie nur selten. Konzerne mit ihren zahlreichen LobbyistInnen, guten Kontakten und ihrem Fachwissen haben einfach einen viel besseren Zugang zu den EntscheidungsträgerInnen.
Im Ergebnis wird in Brüssel oft einseitig Politik im Interesse der zahlungskräftigen Konzerne gemacht, während das Allgemeinwohl unter den Tisch fällt. Die Öffentlichkeit erfährt erst zu spät etwas – wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Das ist ein Problem für eine Demokratie. Es ist höchste Zeit, die EU demokratisch fit zu machen – es ist schließlich unser Europa, nicht das einer Handvoll Konzerne!
Krasse Schlagseite haben beispielsweise die mächtigen Beratergruppen gemacht, auf die die EU-Kommission zurückgreift. Es gibt ca. 700 solcher Gruppen, die zu Themen von Agrarpolitik bis Zollvorschriften beraten und Politikvorschläge entwerfen. Darin sitzen zwar auch VertreterInnen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft, aber vor allem: Lobbyisten der Konzerne und Industrieverbände. Die Expertengruppen haben in Brüssel großes Gewicht, weil die Kommission viel stärker als etwa die Bundesregierung auf externes Fachwissen angewiesen ist. Denn ihr eigener Beamtenapparat ist relativ klein – sie hat weniger Personal als etwa die Hamburger Stadtverwaltung.
Die Dominanz der Industrie in den Expertenrunden ist bisweilen noch extremer als bei den direkten Lobbytreffen. Das Europaparlament hat die Kommision mehrmals aufgefordert, für Ausgewogenheit zu sorgen – doch die Kommission weigert sich bis heute. So lässt sie sich etwa zum Thema Finanzmarkt von den Banken beraten, zum Thema Verkehr von der Autoindustrie, und in der Steuerpolitik hört sie vor allem auf Unternehmen wie KPMG, Deloitte und Co, die ihr Geld damit verdienen, Konzernen bei der Steuervermeidung zu helfen. Im Interesse der europäischen Bürgerinnen und Bürger ist das nicht.
Aus all diesen Gründen (und noch viel mehr) hat Lobbycontrol eine Kampagne lanciert. Sie können sie HIER UNTERSCHREIBEN.