Angesichts der dramatischen Verschärfung der Klimakrise und dem Einbruch der Biodiversität möchte man meinen, die Politik würde endlich gegensteuern. Doch in der Handelspolitik ist leider das Gegenteil der Fall. Gemeinsam könnten das CETA-Abkommen mit Kanada und der Vertrag mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten die europäischen Rindfleisch-Importe mehr als verdoppeln. Mit gravierenden Folgen für die Umwelt und heimische Landwirtschaft. Das schreibt das Münchner Umweltinstitut in einem Blog.
In der letzten Woche schloss US-Präsident Donald Trump mit der EU ein Abkommen zum Rindfleischexport ab, das in den Medien vergleichsweise viel Aufmerksamkeit fand. Doch die 35.000 Tonnen Rindfleisch, die Trump zollfrei in die EU exportieren will, werden vergleichsweise wenig Einfluss auf den europäischen Fleischmarkt haben. Denn sie werden aus einer WTO (World Trade Organisation)-Quote herausgenommen und speziell für die USA reserviert. Das geht auf Kosten der bisherigen Nutzer der Quote wie beispielsweise Argentinien, ändert aber nichts am zollfreien Importvolumen. Regelrecht katastrophal für die europäischen Fleisch- und Milchviehbetriebe sind dagegen die Handelsabkommen Mercosur und CETA. Zusammen bringen sie neue Quoten für fast 145.000 Tonnen Rindfleisch und schaffen die Zölle für bestehende südamerikanische Rindfleisch-Exportquoten ab. Wer solchen Abkommen im Europäischen Parlament zustimmt, sollte nicht mehr von „regionalen Wirtschaftskreisläufen“ und „bäuerlicher Landwirtschaft“ reden.
Welche Auswirkungen haben Abkommen wie Mercosur?
Mercosur ist die abgekürzte Bezeichnung für den Staatenbund südamerikanischer Länder. Am 28. Juni 2019 hat die EU mit Mercosur die Verhandlungen über ihr bisher umfangreichstes Freihandelsabkommen abgeschlossen. Dabei geht es um die Öffnung der Märkte für verschiedene Industriezweige und dem Agrar- und Lebensmittelsektor. Durch das Abkommen fallen Zölle in Höhe von 4 Milliarden Euro pro Jahr weg und das Exportvolumen soll insgesamt erhöht werden.
Bauernverbände und UmweltschützerInnen kritisieren das Mercosur Abkommen scharf. Europäische Bäuerinnen und Bauern leiden unter den Importen aus Ländern, in denen die Lohnkosten, Pachtzinsen und die Tier- und Umweltauflagen geringer sind als in Europa. Viele können mit den niedrigen Produktionskosten nicht mithalten. Vor allem die Betriebszweige Rinderhaltung und Zuckerrübenanbau werden es in der EU künftig schwerer haben. Ganz zu schweigen von den Auswirkungen auf Klima- und Umweltschutz. Die EU schließt mit dem Mercosur Abkommen auch einen Deal mit dem rechtsextremen brasilianischen Präsidenten Bolsonaro ab, dem Klimaschutz, Menschenrechte und der Erhalt des Regenwaldes völlig egal sind. Wenn wir die Agrarwende hin zu einer umweltfreundlichen Landwirtschaft und der Produktion von qualitativ hochwertigen, gesunden und regionalen Lebensmitteln schaffen wollen, dürfen wir solche Handelsabkommen nicht zulassen.
Klimazölle statt Freihandel
Mit umfassenden Handelsabkommen wie CETA und Mercosur werden nicht nur mehr Rindfleisch über den Atlantik geschifft, sondern mehr von fast allem. Sogar Kartoffeln aus Kanada landen auf dem europäischen Markt, seitdem es vorläufig in Kraft getreten ist. Doch wenn wir den Klimawandel begrenzen wollen, darf der internationale Handel nicht auf Kosten der Umwelt immer weiter und weiter wachsen.
Dafür ist entscheidend, welche Regeln für den Welthandel gelten. Wir fordern Regeln, bei denen die Menschenrechte, der Verbraucherschutz und die Bewahrung unserer natürlichen Lebensgrundlagen dem Handel Grenzen setzen.
Eine Idee wie das praktisch umgesetzt werden könnte, kam diese Woche vom internationalen Kongress der Bewegung „Fridays for Future“ in Lausanne: Die EU sollte Strafzölle erheben auf Produkte aus Ländern, die die international vereinbarten Klimaziele nicht einhalten. Das schafft einen Anreiz, die Ziele einzuhalten und sichert die Spielräume der Politik vor unfairer Konkurrenz auf dem Weltmarkt. Deals mit den USA unter Trump oder Brasilien unter Bolsonaro wären dann sicher nicht mehr möglich – und das wäre gut so.