Gentech-Lachs dank CETA

Lachs ist der beliebteste Speisefisch der Deutschen. In Kanada wird er tonnenweise gentechnisch verändert gezüchtet. Und seit Inkrafttreten des CETA-Abkommens kann niemand ausschließen, dass wir den Gen-Fisch, der ganze Ökosysteme bedroht, nicht auch auf unseren Tellern haben. Jetzt legt die Produktionsfirma AquaBounty mit einer neuen Mega-Farm in Ohio nach. Darüber berichtet das Umweltinstitut München.

Lachszucht ohne Rücksicht auf Verluste

Spätestens nach Hannes Jaenickes Film „Im Einsatz für den Lachs“ wissen wir um die Gefahren der Massentierhaltung in der Fischzucht für den Wildlachs-Bestand und die Ökosysteme. Vor allem die Differenz zwischen zwei Zahlen sticht hier ins Auge. Es gibt nur noch 450.000 wildlebende Lachse und eine halbe Milliarde Zuchtlachse. Und diese Lachs-Farmen liegen auch noch genau auf den Migrationsrouten der Wildlachse im Fjord oder im offenen Meer. Damit tragen diese die alt bekannten Probleme der Massentierhaltung wie Viren, Krankheiten und Parasiten ins offene Meer. Genau wie auch die Medikamente und chemischen Stoffe, welche gegen die Krankheitserreger zum Einsatz kommen.

Gen-Lachs auf Turbo-Kurs

Bereits Ende der 1980er übertrugen Wissenschaftler:innen des Unternehmens AquaBounty zwei Gene auf Lachse: Ein Wachstumshormon-Gen vom Königslachs (Oncorhynchus tshawytscha) zusammen mit einem Genelement aus dem nordamerikanischen Meeres-Dickkopf (Zoarces americanus). Die Lachse verfügen damit sowohl über ein Wachstumshormon als auch ein Regulations-Gen, wodurch sie auch im Winter aktiv sind. Die genmanipulierten Lachse wachsen im “Turbo”-Gang, und zwar das ganze Jahr über. Damit sind die Lachse statt nach 36 Monaten bereits nach 16-18 Monaten schlachtreif.

Seit 2017 ist der Gen-Lachs „AquaAdvantage“ in Kanada auf dem Markt, seit diesem Sommer auch in den USA. Jetzt drückt die Erfinderfirma des Gen-Fisches nochmals auf die Tube. In seiner ersten kommerziellen Großanlage mit einer jährlichen Produktionskapazität von 10.000 Tonnen und einer Fläche von 44.500 Quadratmetern plant das Unternehmen bis 2023 in Ohio (Kanada) tonnenweise kommerziellen Gen-Lachs zu produzieren. Zum Vergleich: Die bereits existierende Fischfarm in Albany (Indiana, USA) hat eine Fläche von 11.334 m² und diejenige auf der Prince Edward Insel (Kanada) 8321 m².

Auswirkungen auf die Umwelt völlig unklar

Zuständig für die Zulassung der genmanipulierten Lachse in den USA ist die US-Lebensmittelbehörde FDA. Laut FDA stellen die genmanipulierten Lachse keine Gefahr für die Umwelt dar, wenn sie in geschlossenen Wasserbecken in Anlagen fernab natürlicher Gewässer gezüchtet werden. Doch schon damals war klar: umfassende Untersuchungen zu den Auswirkungen auf die Umwelt fehlten bei der Zulassung – und das tun sie bis heute. Entweichen gentechnisch veränderte Lachse in die Umwelt, so könnten sie in wilde Verwandte einkreuzen, diese verdrängen (weil sie doppelt so schnell wachsen und damit doppelt so großen Hunger haben) und so im schlimmsten Fall ganze Ökosysteme durcheinanderbringen oder gar zerstören. Jeder weitere Fisch erhöht das Risiko, dass Tiere in die Natur entweichen – auch wenn die Anlagen fernab von Gewässern gebaut werden.

Ein Entweichen der Tiere soll verhindert werden, indem die Aufzuchtstätten weit weg von ihrem Heimatort liegen, und zwar in Panama. Dem widerspricht, dass die Eier in einer Fabrik auf Prince Edward Island, einer Fabrik in Indiana, und künftig auch in Ohio produziert werden. Angeblich sollen die Eier, wenn sie aus der Fabrik entweichen, im Salzwasser des Atlantik landen und dort verenden, da die Jungtiere auf frisches nährstoffreiches Süßwasser angewiesen sind. Zudem seien die Eier ausschließlich weiblich und die erhöhte Chromosomenzahl mache die Tiere steril. Dieses Vorgehen ist allerdings nicht 100% sicher, so dass durchaus auch vollständig fruchtbare Weibchen entstehen, die sich munter mit wilden Lachsen paaren könnten.

Einen weiteren unsicheren Faktor stellt die Überfahrt der Eier zu ihren Aufzuchtstätten in Panama dar. Diese erfolgt mit Schiffen. Sollte eines dieser Schiffe sinken, kann niemand sicherstellen, dass nicht einige der Eier überleben, in Frischwasser gelangen und dort zu voller Größe heranwachsen. Sie könnten sich dann entweder mit der wilden Population verpaaren oder andere Arten verdrängen, da sie einen Wachstumsvorteil besitzen.

Auch auf unseren Tellern? – Auch auf unseren Tellern!

Seit CETA, das Handelsabkommen der EU mit Kanada, vorläufig in Kraft ist, exportiert Kanada 3.000 Tonnen Fisch jährlich nach Europa – ohne Kennzeichnung. Eine Überprüfung der Ware ist derzeit weder vorgesehen noch technisch möglich.

Eine Studie des Institute for Agriculture and Trade Policy (IATP) zeigt:

  • Die EU und Kanada haben sich zu einer Aufweichung ihrer Standards unter CETA verpflichtet
  • Zulassungsvorschriften müssen durch CETA „so einfach wie möglich sein“ und die Ausübung wirtschaftlicher Tätigkeiten dürfen nicht „erschwert oder verzögert“ werden.

Auf Anfrage von Greenpeace teilte das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) mit, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass geringe Mengen des Gen-Lachses auch nach Deutschland kommen.

Abgesehen davon, wie die „geringen Mengen“ zu interpretieren sind, muss bezweifelt werden, ob es bei diesen bleibt. Gerade durch den Bau der neuen Mega-Farmen von AquaBounty, dem steigenden Preisdruck und die stetige Angleichung von Lebensmittel-Standards zwischen verschiedenen Staaten und Regionen wird der Gen-Lachs voraussichtlich immer mehr nach Europa überschwappen.

Die europäischen Verbraucher:innen wollen allerdings keine genmanipulierten Tiere auf ihren Tellern. Wir fordern deshalb, dass die Zulassung für die genmanipulierten Turbo-Lachse zurückgenommen wird. Wir brauchen einen Stopp von Gentechnik in der Tierzucht!


Ludwig Essig, der Autor dieses Beitrags, ist Mitbegründer des Netzwerks Gerechter Welthandel Baden-Württemberg. Derzeit absolviert er ein Freiwilliges Ökologisches Jahr beim Umweltinstitut München.