Neue Studie zu Mercosur: Vollbremsung für Verkehrswende

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Autokonzerne haben die Verhandlungen über das geplante Handelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten erheblich beeinflusst – und würden davon in besonderem Maße profitieren. Das zeigt die jetzt veröffentlichte Studie „Mobilitätswende ausgebremst. Das EU-Mercosur- Abkommen und die Autoindustrie”. Sie wurde herausgegeben von Misereor, Deutsche Umwelthilfe, Greenpeace Deutschland, PowerShift e. V., Attac Deutschland, Attac Österreich und dem Netzwerk Gerechter Welthandel.

Dabei ging die Lobbyarbeit nicht nur von den Konzernen selbst aus. Interne E-Mails belegen, wie Mitarbeiter*innen des deutschen Wirtschaftsministeriums und der EU-Kommission aktiv auf Wirtschaftsverbände zugingen, um deren Wünsche zu erfragen und in die Verhandlungen mit den Mercosur-Staaten einzuspeisen.

Autos gegen Rindfleisch und Gensoja

Das Ergebnis der erfolgreichen Einflussnahme ist ein Vertragstext, der Zölle auf Autos mit Verbrennungsmotor, Autoteile und Rohstoffe für die Autoproduktion beseitigen sowie die Ausfuhr von Kraftstoffen auf der Basis von Nahrungs- und Futtermitteln fördern würde.

Dadurch verstärkt das Abkommen den Verbrauch fossiler Brennstoffe im Verkehr und fördert klimaschädlichen Ressourcenabbau. „Dieses Abkommen bremst die dringend nötige Mobilitätswende auf Kosten öffentlicher Transportmittel aus“, kritisiert Hanni Gramann von Attac Deutschland. „Wir sollten auf ressourcenschonende und klimafreundliche Alternativen setzen, die allen Menschen Mobilität ermöglichen, statt die Profiterwartungen derAutomobilindustrie zu erfüllen.”

Forderungen nach dem Abschluss von Handelsabkommen wie EU-Mercosur werden seit dem Krieg in der Ukraine immer lauter. Demgegenüber sehen die herausgebenden Organisationen der Studie durch Zollerleichterungen für Verbrenner und Agrosprit das Risiko einer zementierten Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und der Ausweitung von Soja und Zuckerrohranbau zur Verwendung als Brennstoff auf Kosten des Klimas und derWelternährung „Mehr denn je werden Agrarflächen für die Ernährungssicherung gebraucht, nicht zur Produktion von Fleisch oder Treibstoff für Autos. Die Automobilindustrie will sich mit diesem Abkommen den Export ihrer klimaschädlichen Verbrenner auf Jahrzehnte sichern. Gleichzeitig begünstigt das Abkommen, dass noch mehr Lebensmittel wie Soja und Zuckerrohr im Tank landen. Das würde die auf einer Verteilungskrise basierende globale Ernährungsnot noch weiter anheizen”, kommentiert Tina Lutz von der Deutschen Umwelthilfe.

Die Studie beschreibt detailliert, wie die Autoindustrie vom engen Zusammenspiel mit der Politik profitiert. Dazu zählen die schrittweise Beseitigung aller Zölle auf Autos und Autoteile und auf wichtige Rohstoffe wie Eisen und Stahl, Aluminium, Kupfer, Blei, Zink und das für Elektroautos wichtige Lithium. Die Mercosur-Staaten verzichten zudem auf Exportsteuern für Soja, Biodiesel und Rindsleder (Autositze). „Das EU-Mercosur-Abkommen ist ein Autos-gegen-Fleisch-Deal, der vor allem einem Ziel dient: Herstellern klimaschädlicher Autos Produktions- und Importkosten zu sparen. Mit einem gerechten und nachhaltigenHandelsabkommen hat das nichts zu tun. Es muss gestoppt werden“, erklärt Lis Cunha von Greenpeace.

Urwaldrodung für Autositze

Das Abkommen birgt zudem enorme Gefahren für Klima, Umwelt und Menschenrechte. Es würde den Export von Soja, Bio-Ethanol aus Rohrzucker, Rindsleder und metallischen Rohstoffen für die Automobilindustrie erleichtern und steigern. „Wie die Studie mit Fallbeispielen belegt, sind Viehzucht, Anbau von Soja und Zuckerrohr sowie Abbau metallischer Rohstoffe in Brasilien, Argentinien und Paraguay hauptverantwortlich für Entwaldung, Vertreibung von indigenen Gemeinschaften, Umweltschäden und Menschenrechtsverletzungen”, erklärt Armin Paasch von MISEREOR. „Das Nachhaltigkeitskapitel des Abkommens sieht dagegen keinerlei Sanktionen vor, wenn es zu solchen Schäden kommt.”

„Es ist an der Zeit, dass die EU die Probleme anerkennt, die mit intransparenten und undemokratischen Abkommen wie EU-Mercosur einhergehen”, meint Jeremy Oestreich von PowerShift. „Um das Klima, die Umwelt und die Menschenrechte wirksam zu schützen, brauchen wir endlich eine Handelspolitik, die nicht nur einigen wenigen sehr mächtigen Lobbygruppen dient.” Ludwig Essig, Koordinator des Netzwerks gerechter Welthandel ergänzt: „Gerade indiesen Zeiten ist eine grundlegend neue Handels- und Investitionspolitik absolut notwendig. Dazu brauchen wir transparente und demokratische Verhandlungen, starke Nachhaltigkeitskapitel und ein Ende der Aufweichung unserer Umwelt- und Sozialstandards.“


Die ausführliche Studie steht hier: Mobilitaetswende_ausgebremst