Milliarden-Entschädigung in geheimen Schiedsverfahren

Investoren haben versucht, durch ISDS-Klagen in den letzten Jahren insgesamt 857 Milliarden USD von Staaten einzufordern – 114 Milliarden USD wurden ihnen zugesprochen. Das zeigt die neue Datenbank „Global ISDS Tracker“, die von der Berliner Nichtregierungsorganisation PowerShift, dem Transnational Institute und dem Trade Justice Movement veröffentlicht wurde.

Doch damit nicht genug: Die Daten offenbaren einen besorgniserregenden Trend, denn die Anzahl der Klagen hat stark zugenommen. Insgesamt wurden 129 Klagen mit einem Streitwert von jeweils mindestens einer Milliarde USD eingereicht. Klauseln zu Investor-Staat-Schiedsverfahren (engl. ISDS) sind in vielen Handels- und Investitionsabkommen enthalten und ermöglichen es ausländischen Investoren Staaten auf Entschädigung zu verklagen, wenn Gesetze und Regulierungen, ihre zukünftigen Gewinne einschränken.

Die Daten belegen auch, dass die Zahl der Schiedsklagen von Investoren in fossile Energien in den letzten drei Jahrzehnten stetig zugenommen hat. Inzwischen sind insgesamt 261 dieser Fälle bekannt, deren Entschädigungsforderungen sich auf insgesamt 327 Milliarden belaufen. Da Klagen in Milliardenhöhe ganze Staaten in den Bankrott treiben können, werden sie oft von fossilen Konzernen genutzt, um den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen zu verzögern.

„Die Daten bestätigen, was wir seit Jahren sagen: ISDS ist ein Geheimwerkzeug der fossilen Industrie gegen Klimaschutzgesetze. Unternehmensgerichte bedrohen Regierungen, damit sie Forderungen der Bevölkerung nach mehr Klimaschutz ignorieren. Dies muss ein Ende haben, eine Reform ist dringend notwendig“, so Tom Wills, Direktor des Trade Justice Movement.

Doch auch in anderen Sektoren wird geklagt. So nutzen etwa auch Bergbauunternehmen aus dem globalen Norden ISDS-Klagen, um ihre Interessen in rohstoffreichen Ländern durchzusetzen – häufig mit katastrophalen Folgen für die lokale Bevölkerung und Umwelt. Dabei zeigt sich die neokoloniale Logik dieser Praxis.

„Die Ungerechtigkeit liegt auf der Hand: Die Länder des globalen Südens sind die Hauptopfer von ISDS, während hauptsächlich Investoren aus Europa und Nordamerika davon profitieren. Damit werden öffentliche Gelder in die Hände einiger weniger Konzerne und ihrer Aktionäre transferiert. Das muss aufhören. Es ist höchste Zeit, dass Länder weltweit aus den Verträgen austreten, die ISDS beinhalten. Der Ausstieg Deutschlands und der EU aus dem Energiecharta-Vertrag ist dabei ein erster Schritt“, sagt Fabian Flues, Referent für Handels- und Investitionspolitik bei PowerShift.

„In dieser schwierigen Zeit, in der Staaten dringend verstärkte Klimaschutzmaßnahmen ergreifen müssen, ist es untragbar, dass Unternehmen durch gerichtliche Entscheidungen sämtliche dieser Bemühungen zunichte machen können. Die Abschaffung von Investitionsschutzabkommen, die fossile Brennstoffe und Bergbauunternehmen schützen, sollte in den kommenden Jahren unsere höchste Priorität sein“, betont Lucía Bárcena, Expertin für Handelspolitik beim Transnational Institute.

Quelle: Pressemitteilung der NGO PowerShift.